Marcel Mess fängt das Regenwasser auf
Neuenkirchen. Ein Jahr Uganda in Afrika - das Leben von Marcel Mess hat sich seit September vergangenen Jahres total verändert. Der 25-jährige Neuenkirchener leitet für ein Jahr einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst. Entsendeorganisation ist der Kreisverband Münster des Deutschen Roten Kreuzes. Gefördert wird das Programm „Weltwärts“ durch das Bundesministerium für wirtschaftlich Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Nach ersten Berichten Ende 2009 erzählt Marcel Mess den MV-Leser exklusiv, wie es ihm in Uganda ergeht:
„Ich bin nun schon seit fast sechs Monaten in Uganda und leiste hier Entwicklungspolitischen Freiwilligendienst beim Roten Kreuz in Fort Portal. Das halbe Jahr ging so schnell vorbei und die Halbzeit rückt in unmittelbare Nähe.
Alles hat sich mittlerweile super entwickelt, ich fühle mich sehr wohl in meiner „zweiten Heimat“. Die Arbeit macht Spaß und wird immer anspruchsvoller. In den ersten Monaten beim Ugandischen Roten Kreuz in Fort Portal war ich überwiegend im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit tätig. Wir fuhren in Schulen und erklärten den Schülern sowie den Lehrern, was das Rote Kreuz in Uganda umsetzen möchte.
Mittlerweile arbeite ich fast ausschließlich für das „Water & Sanitation Programme“, welches von der Europäischen Union und dem Dänischen Roten Kreuz finanziert wird. Unsere Aufgabe ist es, die Wasser- und Hygienebedingungen in Westuganda zu verbessern. Das „Water & Sanitation Programme“ ist in fünf Distrikten (Buliisa, Bundibugyo, Hoima, Kabarole und Kasese) im Westen des Landes tätig. Zum Verständnis: Ein Distrikt umfasst in etwa die Größe des Kreises Steinfurt.
In diesen fünf Distrikten leben insgesamt gut 2,3 Millionen Menschen, von den nach offiziellen Angaben über 500 000 Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser haben. Einen kleinen Beitrag zur Verbesserung der Trinkwassersituation konnte ich bereits zusammen mit einer deutschen Kollegin, die ebenfalls „weltwärts“-Freiwillige vom Deutschen Roten Kreuz ist, beitragen.
Mitte November, als es während der Regenzeit mal wieder ordentlich goss, überkam mich eine Idee: Warum fangen wir nicht das Regenwasser auf und stellen es den Einheimischen zur Verfügung? Mit diesem Grundgedanken ging ich zu dem Delegierten vom dänischen Roten Kreuz und berichtete von meiner Idee. Bei ihm stieß ich sofort auf Begeisterung. Umgehend beauftragte er mich, einen ausführlichen Plan zu schreiben.
Während meiner Recherchen bin auch aber noch auf ganz andere Details gestoßen, wie die Geschichte von der 15-jährigen Jane und ihrer 11-jährigen Schwester Sarah. Die beiden Mädchen sind mir schon ein paar Tage vorher aufgefallen, da sie mehrmals am Tag mit schweren Wasserkanistern an unserem Büro vorbeigelaufen sind. Auf meine Frage, von wo sie immer ihr Wasser holen, wollte sie vermutlich aus Verlegenheit erst keine Antwort geben. Aber als ich ihnen dann von dem Projekt erzählt habe, haben sie mir bereitwillig Auskunft gegeben und ich war geschockt von der Antwort: Die beiden Geschwister gehen mehrmals am Tag zum fast eineinhalb Kilometer entfernten Mpanga-River, um dort Wasser zum kochen, waschen und trinken zu holen. Das Wasser aus dem Mpanga-River hat alles außer Trinkwasserqualität. Frauen waschen dort die Kleidung, Bauern führen ihre Kuhherden dorthin und an dem Fluss befindet sich eine Waschstelle für die Auto- und Motorradtaxis. Und aus diesem Fluss holen Jane und Sarah ihr Wasser für den täglichen Bedarf.
Wenige Tage, nachdem ich den offiziellen Vorschlagsbericht beim Delegierten des Dänischen Roten Kreuzes vorgelegt hatte, bekam ich die Genehmigung. Es sollte aber so günstig wie möglich werden, damit dieses Pilotprojekt auch von Privatperson an ihrem eigenen Hausdach nachgebaut und finanziert werden kann.
Während der Vorbereitungs- und Bauphase habe ich viele Dinge von den ugandischen Freiwilligen lernen können. Sie sind mit mir zu einem örtlichen Ziegelsteinhersteller gefahren, dort habe ich gesehen, wie die Ugander aus ein bisschen torfartiger Erde und Wasser Ziegelsteine herstellen. Oder wie man eben mit dieser Erde ein Podest für den Tank ohne Zement mauern kann. Geoffrey, Freiwilliger vom ugandischen Roten-Kreuz, hat ein bisschen Erde umgegraben, Wasser auf die Erde gegossen und die Erde mit den Füßen durchgeknetet. Das hat er solange gemacht, bis die Matsche zu einer zähen Schlammmasse entwickelt hat.
Bei den ersten Mauerarbeiten hat uns Henry noch geholfen, er hat einige Erfahrungen in Sachen mauern mit „matt and bricks“, so heißen die einheimischen Baumaterialien. Anfangs wunderte ich mich, dass die Leute weder Maurerkelle noch Wasserwaage kannten oder dieses für „normale“ Bauarbeiten eher ein Luxus, als ein notwendiges Werkzeug ist. Aber wie ich schnell gesehen habe, geht es auch ohne. Anstatt einer Kelle wurden die Hände genommen und anstelle einer Wasserwaage verließen wir uns auf die Augen.
Das „Rainwater Harvesting Project“ haben wir nun abgeschlossen. Jetzt warten wir nur noch auf den Beginn der nächsten Regenzeit Ende Februar/Anfang März und dann können sich die Bewohner von Kabundaire das Wasser für den täglichen Bedarf aus unmittelbarer Nähe holen. Die ganzen Materialien haben nur zusammen etwa 80 000 Uganda Schilling gekostet, was umgerechnet weniger als 30 Euro sind. Durch die Tatsache, dass das Projekt so kostengünstig war, überprüft derzeit das Dänische Rote Kreuz in Kampala, ob es nicht weitere 150 dieser kleinen „Rainwater Harvesting“ Projekte mit ins „Water & Sanitation Programme“ aufgenommen werden können.
Nach Abschluss dieses Projektes steht auch schon die nächste Aufgabe und Herausforderung an. Ich werde zusammen mit meiner Kollegin und einigen anderen Freiwilligen aus Uganda insgesamt 75 Schulen in Fort Portal und Umgebung besuchen und einige Daten sammeln. Um die Hygienebedingungen in den Schulen zu verbessern, ist es notwendig zu wissen, wie viele Schüler hat jede Schule, wie viele Latrinen für Jungs und Mädchen und wie weit ist das nächste saubere Wasser entfernt.
Nachdem alle Daten ausgewertet und bearbeitet sind, soll an den Schulen, bei denen es notwendig ist, neue Latrinen gebaut oder ein neuer Wasserzugang wie ein Bohrloch gebohrt werden. Parallel zu diesen Baumaßnahmen soll an allen Schulen ein sogenanntes „Phase“-Training durchgeführt werden. „Phase“ steht für „Personal Hygiene And Sanitation Education“ und heißt „Körperpflege und Hygiene Bildung“. Bei diesem Training werden wir den jungen Schülern der „Primary Schools“ (gleicht in etwa der deutschen Grundschule) erklären, wie wichtig es ist, sich nach dem Toilettengang und vor jedem Essen die Hände zu waschen, um das Übertragen von ansteckenden Krankheiten zu verringern.
Ich bin sehr froh darüber, dass ich hier beim Ugandischen Roten Kreuz im „Water & Sanitation Progamme“ mitarbeiten darf. Es ist ein schönes Gefühl und eine sehr sinnvolle Aufgabe, die Wasser- und Hygienebedingung von vielen Tausenden Menschen zu verbessern und somit das Ausbrechen von Krankheiten wie Cholera zu verringern. Zuletzt möchte ich mich noch bei allen Spendern für die tolle Unterstützung bedanken. Es sind unbezahlbare Erfahrungen die ich hier machen darf.“
Trotz der Förderung durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit ist Marcel Mess auf einen Unterstützerkreis angewiesen, der einen Teil der Kosten durch Spenden aufbringt. Die Kontonummer beim DRK Kreisverband Münster lautet: 57109, bei der Sparkasse Münsterland Ost (BLZ 40050150). als Überweisungszweck sollte: „Unterstützerkreis Marcel Mess weltwärts, Buchungskoto 293010“ angegeben werden. Eine Spendenbescheinigung wird automatisch zugestellt, wenn die Adresse angegeben wird.